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Krebserkrankungen der Brust Ursachen und Risikofaktoren Autor: Dr. H.-J. Koubenec (Impressum) Quellen: KID, Deutsches Krebsforschungzentrum Roche: Brustkrebs eigenes Expertenwissen Ursachen und Risikofaktoren Bekannte Faktoren Die Mehrheit aller Patientinnen mit Brustkrebs, also etwa 90% bis 95% aller erkrankten Frauen, erkranken "spontan", ohne dass in ihrer Familie bereits häufiger Brustkrebs aufgetreten wäre oder ein einzelner Risikofaktor wirklich sicher als Auslöser gefunden werden kann. Heute geht man daher von dem Modell aus, dass bei der Krankheitsentstehung viele verschiedene Einflüsse gemeinsam beteiligt sind. Wie dies genau geschieht, ist noch nicht bekannt. Es konnten aber eine Reihe von Faktoren aufgedeckt werden, die das persönliche Risiko erhöhen, an Brustkrebs zu erkranken (Risikofaktoren), und einer oder mehrere davon lassen sich in der Vorgeschichte der meisten Patientinnen nachweisen. Das Lebensalter an sich kann als Risikofaktor angesehen werden, denn etwa ab dem 30. bis 75. Lebensjahr steigt das Erkrankungsrisiko stetig an, weil mit zunehmendem Alter Fehler in der Zellteilung bei jedem Menschen wahrscheinlicher werden. Ist die Mutter oder eine Schwester an Brustkrebs erkrankt, so ist das Risiko einer Frau durchschnittlich zwei- bis dreimal höher als ohne erkrankte Verwandte. Eine Risikoerhöhung durch weiter entfernte Verwandte, etwa Tante oder Großmutter ist nicht gegeben. Ist eine Frau bereits an einer Brust erkrankt, so besteht ein erhöhtes Erkrankungsrisiko auch in der anderen Brust. Frauen mit früher erster Regelblutung, mit spätem Eintritt der Wechseljahre und Frauen mit später erster oder keiner Geburt erkranken häufiger als der Durchschnitt. Gutartige Brusterkrankungen sind in der Regel nicht mit einem erhöhten Risiko verbunden. Eine Ausnahme bildet eine besondere Form der Mastopathie, einer häufig vorkommenden, eigentlich harmlosen Veränderung der Brustdrüse. Nur bei der Mastopathie mit Zellwucherungen untypischer Zellen (atypisch proliferierende Mastopathie), ist das Risiko erhöht. Mehr siehe: Mastopathie, ist das gefährlich? Auch die Ernährungsweise scheint für das Erkrankungsrisiko eine Rolle spielen zu können. Fettreiche Ernährung wird oft mit einem erhöhten Risiko in Zusammenhang gebracht, aber nicht alle wissenschaftlichen Untersuchungen kommen zu diesem Ergebnis. Regelmäßiger Alkoholkonsum ist mit einer erhöhten Erkrankungswahrscheinlichkeit verbunden. Frauen mit Übergewicht erkranken nach der Menopause etwas häufiger als der Durchschnitt. Mehr siehe: Ernährung, Umwelt und Brustkrebs. Häufig stellen Frauen die Frage nach den Risiken durch eine Hormoneinnahme. Hier muss man unterscheiden zwischen der Einnahme von weiblichen Hormonen, Östrogenen und/oder Gestagenen, zur Empfängnisverhütung ("Pille") und der Behandlung von Wechseljahresbeschwerden. Die verwendeten Hormone unterscheiden sich sowohl im Feinbau (chemische Struktur) und auch die jeweils eingenommenen Mengen (Dosierungen) sind unterschiedlich. Während der Einnahme der empfängnisverhütenden Pille und bis zu 10 Jahre danach besteht ein geringfügig erhöhtes Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Danach ist das Erkrankungsrisiko gleich wie bei den Frauen, die niemals die Pille genommen haben. Gegen Wechseljahresbeschwerden helfen Östrogene oder Kombinationen mit Gestagenen. Jahrzentelang wurde diese Therapie praktisch allen Frauen empfohlen, auch wenn diese gar keine Beschwerden hatten, quasi zur Vorbeugung gegen Osteoporose, Herzinfarkt, Schlaganfall, Darmkrebs und andere Krankheiten, sowie zum Erhalt der "Weiblichkeit". Die Hormontherapie wurde deshalb von den Befürwortern gerne als "Hormonersatztherapie" (HRT) bezeichnet, als ob die Produktion durch Krankheit oder Operation ausgefallen wäre. Schon 1996 ergab die sog. "Krankenschwesterstudie": Werden Hormone über mehr als 5 Jahre eingenommen, ist das Risiko auf knapp das eineinhalbfache erhöht. Inzwischen haben weiterer Studien die Ergebnisse bestätigt und weitere Risiken (Herzinfarkt, Schlaganfall) aufgezeigt. Mehr siehe: Hormontherapie in den Wechseljahren. Auch die sog. pflanzlichen Hormone (Phythormone, Phytoöstrogene) haben vermutlich dieselben Risiken, es gibt zumindest noch keine Studien, die deren Ungefährlichkeit beweisen. Mehr siehe: Pflanzenhormone gegen Wechseljahresbeschwerden. Außerdem wird das Brustgewebe durch Hormoneinnahme nach den Wechseljahren dicht, wie bei jungen Frauen, die noch reichlich eigene Hormone produzieren. Dadurch wird die Beurteilbarkeit der Brust sowohl in der Mammographie als auch bei der Sonographie erschwert. Mehr zu den inneren und äußeren Risikofaktoren siehe: Ernährung, Umwelt und Brustkrebs Genetische Einflüsse Es gibt Familien (Brustkrebsfamilien), in denen erbliche Genveränderungen vorkommen, die mit einem sehr hohen Erkrankungsrisiko für Brustkrebs verbunden sind. Auch hier erkranken jedoch längst nicht alle Familienmitglieder. In den Körperzellen von Frauen mit einer angeborenen krebsbegünstigenden Genveränderung können im Laufe des Lebens weitere hinzukommen, die letztlich zur Entartung einer Zelle führen. Typisch für die familiären Brustkrebsformen ist, dass die Erkrankung bei mehreren Familienmitgliedern auftritt - dies zeigt sich insbesondere bei großen Familien -, dass der Krebs bereits vor dem 40. bis 50. Lebensjahr diagnostiziert wird und dass öfter beide Brüste betroffen sind. Als wichtigste Gene im Zusammenhang mit dem familiären Brustkrebs gelten heute BRCA-1 und BRCA-2. In ihrem normalen Zustand erfüllen die beiden Gene wichtige Funktionen in der Zelle. Durch eine Veränderung (Mutation) ihrer chemischen Struktur kann diese Funktion gestört werden: für die betroffene Zelle ist dies ein erster Schritt in Richtung bösartiger Veränderung. Eine Frau mit einer ererbten Mutation (Veränderung) im Gen BRCA-1 hat (statistisch gesehen) ein sehr hohes Risiko, im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs zu erkranken, und auch ihr Risiko für Eierstockkrebs ist hoch. Bei angeborener Veränderung im BRCA-2 Gen ist das Erkrankungsrisiko für Brustkrebs sehr stark, für Eierstockkrebs mäßig erhöht. Auch männliche Träger der Veränderung im Gen BRCA-2 haben ein erhöhtes Brustkrebsrisiko. Verschiedene andere bösartige Erkrankungen treten in den betroffenen Familien ebenfalls etwas häufiger auf als gewöhnlich. Ob Gene verändert sind, kann im Labor untersucht werden. Dazu benötigt man Zellen mit deren Erbmaterial. Diese kann man aus dem Blut oder, wenn eine Krebserkrankung vorliegt, zusätzlich aus dem bösartigen Tumor gewinnen. Untersuchungen dieser Art (Molekulare Diagnostik oder Gendiagnostik) können nur innerhalb von Brustkrebsfamilien eine Aussage zum persönlichen Erkrankungsrisiko machen. Da eine ausgeprägte familiäre Erkrankungsbereitschaft in Deutschland aber wegen der durchschnittlich geringen Zahl an Familienmitgliedern nicht immer deutlich zutage tritt, ist nicht allein die Erkrankungshäufigkeit ein Indiz. Wenn die folgenden Situationen vorliegen, besteht zumindest ein starker Verdacht, dass innerhalb der Familie ein Risikogen vererbt wird: - In einer Familie sind mindestens zwei nah miteinander verwandte Frauen an Brust und/oder Eierstockkrebs erkrankt, und zumindest bei einer von beiden ist die Erkrankung vor dem 50. Lebensjahr aufgetreten,
- eine Frau in der Familie hat Brust- und Eierstockkrebs, und eine Erkrankung ist im Alter von 40 Jahren oder früher aufgetreten,
- eine Frau erkrankt an Krebs in beiden Brüsten im Alter von 40 Jahren oder früher,
- die Erkrankung tritt vor dem 30. Lebensjahr auf,
- eine Frau in der Familie erkrankt im Alter von weniger als 40 Jahren an Eierstockkrebs,
- ein männlicher Verwandter hat Brustkrebs.
Insgesamt werden etwa 5 bis 10% aller Brustkrebserkrankungen auf ererbte Genveränderungen zurückgeführt. Zur Betreuung von Mitgliedern aus Familien mit deutlichem Hinweis auf bzw. Nachweis einer ererbten Erkrankungsveranlagung wurden in Deutschland mehrere Beratungszentren eingerichtet. Dort arbeiten Fachleute aus verschiedenen Bereichen (Frauenheilkunde, Genetik, Psychologie) zusammen, um die Familien umfassend betreuen zu können. Maßnahmen zur frühzeitigen Entdeckung und Vorbeugung der Erkrankungen werden erprobt. Ehe Sie sich in ein solches Zentrum begeben, sei es zur Beratung oder gar zur Untersuchung, ob bei Ihnen Veränderungen der Brustkrebsgene vorliegen, sollten Sie sich eingehend mit Ihrem Arzt beraten. Sie sollten insbesondere bedenken, was es für Sie für Konsequenzen hätte, zu wissen, dass Sie ererbte Genveränderungen haben. Das bedeutet zwar, dass das Brustkrebsrisiko bei Ihnen stark erhöht ist, aber nicht, dass Sie auch tatsächlich Brustkrebs bekommen. Hilft Ihnen dieses Wissen, oder macht es Ihnen nur Angst. Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus? Denken Sie etwa daran, sich dann vorsorglich beide Brüste entfernen zu lassen? Dieses Vorgehen wird von den allermeisten Ärzten nicht befürwortet, da "nur" ca. 7 von 10 dieser Frauen erkranken und auch nach der Brustentfernung, die meist als subkutane Mastektomie mit gleichzeitigem Wiederaufbau durchgeführt wird, in dem immer verbleibenden Brustgewebe Krebs entstehen kann. Dies natürlich nur mit geringer Wahrscheinlichkeit. Stand: 20.06.2011
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