Sekretion aus der Brust
was kann dahinterstecken?
Autor: Dr. H.-J. Koubenec Impressum
Quelle: eig. Expertenwissen/Meinung
Flüssigkeitsabsonderungen aus der Brust, in Schwangerschaft und Stillperiode etwas Normales, sind aber auch sonst gar nicht so selten. Meist tritt eine solche Sekretion einseitig auf, die beidseitige ist eher selten. Auch außerhalb von Schwangerschaften sondern die Drüsenläppchen der Brüste Minimengen von Flüssigkeit ab, die sich aber in der Regel nicht als Tropfen auf der Brustwarze zeigen. Die Flecken im BH, der Unterwäsche oder im Nachthemd sind es, durch die Frauen auf die Sekretion aufmerksam werden. Zunächst ist das ein Schreck, aber zur Panik ist kein Grund. Beobachten Sie sorgfältig, wann, wie oft und ggf. in welcher Beziehung zum Zyklus die Sekretion auftritt. Nehmen Sie vielleicht Hormone ein? Haben Sie sich gestoßen? Ist die Brust kräftig angefasst worden? Schreiben Sie diese Beobachtungen sorgfältig auf und schildern sie Ihrem Frauenärzt/ärztin.
Nicht drücken ...
Leider wird von manchen Frauen dann häufig an der Brust herumgedrückt, um zu sehen, ob noch Flüssigkeit kommt oder nicht. Dies sollten Sie unterlassen, weil es eher die Sekretion fördert, so wie auch in der Stillperiode durch Ausmassieren die Milchproduktion angeregt werden kann. Nur bei spontaner Sekretion müssen Sie einen Arzt aufsuchen. Am häufigsten ist die klare oder die bernsteinfarbene Sekretion, seltener, aber problematischer, sind Blutbeimengungen zum Sekret, die sich in roten, braunen, aber auch schwarzen oder grünen Tropfen auf der Brustwarze bzw. als Flecken in der Wäsche zeigen. In den allerseltesten Fällen ist eine vermehrte Produktion von Prolaktin, einem Hormon der Hirnanhangdrüse, die Ursache für Flüssigkeitsabsonderungen. Prolaktin steuert z. B. die Milchproduktion in der Stillperiode. Sekretion durch Prolaktinerhöhung tritt meist beidseitig auf, ist klar oder bernsteinfarben. Den Prolaktinspiegel kann man im Blut einfach bestimmen. Ist er leicht erhöht, kann man mit sog. Prolaktin-Hemmern versuchen, die Sekretion zu stoppen. In extrem seltenen Fällen ist ein Tumor der Hirnanhangdrüse verantwortlich für die vermehrte Prolaktin-Produktion, ein sog. Prolaktinom, (welches man übrigens von der Nase aus entfernen kann)
Die mit Abstand häufigste Ursache
für (einseitige) Sekretion sind kleine, gutartige Gewächse in den Milchgängen, sog. Papillome. Papillome haben neben der Flüssigkeitsbildung ein weiteres Problem, sie können in ca. 5 bis 10% der Fälle bösartig entarten. Auch das ist noch kein Drama, da Papillome von der Innenwandauskleidung der Milchgänge ausgehen und zumindest zunächst nur in den Milchgang hineinwuchern, wie ein winziger Baum mit Stamm und Krone. Die Entartung spielt sich - wenn überhaupt - meist am unteren Teil des Stammes ab. Dort wird das Papillom verletzlich und fängt an zu bluten. Bei der bösartigen Entartung entsteht ein Krebs, der erst einmal an der inneren Oberfläche der Milchgänge wächst, ein sog. Oberflächenkarzinom oder DCIS. Ein Oberflächenkarzinom ist noch kein Brustkrebs im eigentlichen Sinne, er bildet keine Absiedelungen und wächst nicht zerstörend in die Umgebung. Oberflächenkrebse sind, wenn man sie komplett entfernt, 100%ig heilbar. Aus unbehandelten Oberflächenkarzinomen kann sich im Laufe von vielen Jahren ein sog. invasives Karzinom, d. h. ein richtiger zerstörerischer Brustkrebs entwickeln. Insgesamt ist also das Krebsrisiko, das von einem Papillom ausgeht, nicht sonderlich hoch und wenn es bösartig werden sollte, dann zunächst nur als Oberflächenkrebs. Es ist wahrscheinlich auch möglich, dass ein entartetes Papillom sich nicht nur oberflächlich in den Milchgängen ausbreitet, sondern primär die Wand durchbricht und als invasiver Brustkrebs in die übrige Brust hineinwächst. Doch die Gefahr ist eher theoretisch. Denn: wenn ein Papillom entartet und blutet, ist davon auszugehen, dass mit dem Sekret auch Blut und Tumorzellen mit nach außen geschwemmt werden. Das Sekret auf der Brustwarze kann man leicht abstreichen, und auf Zellen, insbesondere Papillom- und Tumorzellen untersuchen. Wir gehen davon aus, dass man bei bösartig entarteten Papillomen irgendwann auch Tumorzellen im Sekret findet. Insofern bietet es sich an, bei blutiger Sekretion in regelmäßigen Abständen Abstriche des Sekrets zu machen, ca. alle halbe Jahre. Da wir nicht 100%ig sicher sein können, immer Tumorzellen im Sekret zu finden, bleibt für die Pat. eine geringe Restunsicherheit bestehen.
Galaktographie
Wegen (oder trotz) des geringen Entartungsrisikos ist es heute allgemein üblich, bei Sekretion nach Papillomen zu suchen, sie zu orten und dann operativ zu entfernen. Die Suche beginnt mit einer Rö-Darstellung der Milchgänge (Galaktographie). Durch Einspritzen von Kontrastmittel in den sezernierenden Milchgang und anschließender Mammographie sucht man nach kleinen Vorwölbungen oder kompletten Sperren in den Milchgängen. Der Eingriff ist unangenehm und mißlingt nicht selten. Ein Papillom kommt selten allein, so finden sich gelegentlich Vorwölbungen oder Abbrüche in mehreren Ästen der Milchgänge bzw. nach einem kompletten Stopp weiß man nicht, ob dahinter weitere Papillome liegen. Hat man ein Papillom gefunden, wird der medizinischen Logik folgend operiert, um dieses zu entfernen. Je nach Lage wird am Warzenvorhofrand geschnitten oder ein Tortenstück mit Milchgängen aus der Brustwarze herausgenommen. Dabei werden eine Reihe von Milchgängen durchtrennt. Doch des öfteren wird dann im herausoperierten Stück das Papillom nicht gefunden, entweder, weil man nicht genau den Milchgang erfaßt hat, oder das glasstecknadelkopfgroße Gewächs beim Operieren aus dem Milchgang herausgefallen ist. Die OP beendet zwar meist die Sekretion, dennoch ist das Ergebnis des öfteren unbefriedigend, weil man bei der Gewebeuntersuchung der herausoperierten Probe nicht das findet, wonach man gesucht hat. Papillome wachsen nicht selten an mehreren Stellen gleichzeitig, sog. Papillomatose, auch deshalb ist es fragwürdig, sich operativ auf das eine zu stürzen, was man gerade mit großem Aufwand diagnostiziert hat.
Könnte man auch abwarten?
Bei Frauen mit einseitiger, insbesondere blutiger Sekretion gehen wir einfach davon aus, dass ein Papillom dahintersteckt. Wir lassen deshalb praktisch keine Galaktographien mehr machen, um dies noch zu beweisen. Der Patientin wird anhand einer Skizze die Situation aufgemalt, über das geringe Entartungsrisiko gesprochen und ihr angeboten, regelmäßig zu Zellabstrich-Untersuchungen zu kommen. Die Intervalle richten sich auch nach der Häufigkeit der blutigen Sekretion. Wir erklären jeder Frau, dass das nicht das Standardvorgehen ist, dass wir aber davon ausgehen, dass wir im Falle der Bösartigkeit irgendwann auch Tumorzellen im Abstrich finden, und das in einer Phase, wo die Ausbreitung nur oberflächlich in den Milchgängen stattgefunden hat, sog. Oberflächenkarzinom. Selbstverständlich finden zusätzlich zu den Zelluntersuchungen regelmäßige ärztliche Tastuntersuchungen sowie vor allem Ultraschalluntersuchungen und ggf. Mammographien statt. Selbstverständlich kann jede Frau auch die Diagnostik mit Galaktographie und evtl. nachfolgender Operation wählen. Die meisten Frauen sind bereit, das geringe Restrisiko zu tragen und sich lieber in großen Abständen kontrollieren zu lassen, als sich vor dem geschildertern Hintergrund einer Operation zu unterziehen. Einige wenige wünschen die Abklärung durch Galaktographie und ggf. die nachfolgende OP, manche aus Angst, die meisten jedoch, um die blutige Sekretion loszuwerden.
Unsere Erfahrungen ...
Im Laufe von ca. 10 Jahren musste eine Frau operiert werden, deren Papillom zwar gutartig blieb, aber stärker gewachsen war. Entartete Papillome oder gar richtigen invasiven Brustkrebs auf der Basis eines bekannten Papilloms hatte bisher keine der von uns so überwachten Patientinnen.
Stand: 19.12.2013